"Acht Arten zu atmen"

Über das Stück

In den „Acht Arten zu atmen“ laufen Klänge im Kreis – vom Menschen, über Technik und Instrument, zum Menschen zurück. Meine ersten Ideen entstehen nicht schriftlich, sondern so nah am Körper wie möglich – gesungen. Jede spontane menschliche Äußerung bekommt die Chance, Teil der musikalischen Geschichte zu werden – die Klänge sollen ein unmittelbares Abbild unserer Umwelt sein, es wird nicht nach hohen ästhetischen Kriterien aussortiert und optimiert. Die tönenden Fundstücke sind oft humorvoll, merkwürdig und voll von außermusikalischen Assoziationen, die gar nicht verbal benannt werden müssen. Mit diversen Spielzeugen und Klangobjekten versuche ich die Klänge nachzubilden, sie so einem Akkordeon oder einer Klarinette anzunähern. Die Interpreten werden früh in den Entstehungsprozess eingebunden – ich konfrontiere sie mit der unlösbaren Aufgabe, meine Spielzeugklänge zu imitieren. Aus ihren Alternativvorschlägen werden Samples. Durch deren Transkription entsteht die erste schriftliche Ebene der Komposition, inspiriert davon lässt sich die Partitur frei weiterspinnen. Im „Querschnitt“ manifestiert sich die Gleichzeitigkeit all dieser musikalischen Schichten. Doch die Klänge unterliegen keiner Hierarchie, es gibt keinen „Fortschritt“. Die Form reflektiert nicht didaktisch die Evolution von Klängen, sondern jede Miniatur kombiniert die unterschiedlichen Entwicklungsstadien nach Lust und Laune. Durch das gelegentliche „Mitsingen“ der Musiker schließt sich letztendlich der Kreis: Sie empfinden den grundlegenden Spannungsverlauf nach – aber nicht wie von mir zu Beginn imaginiert, sondern auf ihre ganz persönliche Weise.

[Autor: Benjamin Scheuer]